- Wie lange bist du schon der Chorleiter der New Voices (NV)?
Die ersten Chorproben mit den New Voices habe ich im Mai 2019 abgehalten.
- Machst du das hauptberuflich?
Nein, Chorleiter bin ich formal nicht hauptberuflich. Allerdings habe ich eine klassische Gesangsausbildung erhalten. Besonders viel konnte ich von Professor Becker-Foss (Musikhochschule Hannover) lernen, zu dirigieren und Chöre zu leiten. Dabei ist das soziale Miteinander ebenso wichtig, wie das reine Singen. Die menschliche Stimme ist eben ein ganz besonderes und ganz besonders sensibles Instrument. In nunmehr 35 Jahren mit unterschiedlichen Chören habe ich mir einen großen Erfahrungsschatz angeeignet. Dabei gab es immer wieder neue Herausforderungen. Die Chormusik in den letzten 35 Jahren hat sich immens weiterentwickelt. So betrachtet, bin ich vielleicht doch hauptberuflich Chorleiter?!
- Leitest du nur den Chor der New Voices oder noch andere Chöre?
Derzeit leite ich außer den New Voices in Duderstadt noch einen Frauenchor – CHORios – in Göttingen.
- Warum hast du dich dazu entschieden Chorleiter zu sein? Allgemein und bei den NV?
Selbst, wenn es etwas pathetisch klingt: Musik ist mein Leben. Das spüre ich seit frühester Kindheit. Musik ist die Kunstform, in der ich mich am besten ausdrücken kann; hier fühle ich mich einfach in mir zuhause. Und da sich meine Familie eine kindliche musikalische Ausbildung nicht leisten konnte, fiel ich zunächst einfach auf mich selbst zurück. Und meine Stimme war ja immer bei mir. Allerdings haben in dieser Kinderzeit die Kochtöpfe meiner Mutter beim „Schlagzeugspielen“ stark gelitten…Den Weg in die Chormusik fand ich dann mit Anfang 20. Schnell gab es dabei solistische Aufgaben. Und nah einiger Zeit erhielt ich die Anfrage, ob ich einen Chor leiten könne. Bei einem Männergesangverein bin ich dann „ins kalte Wasser gesprungen“. Dort konnte ich aber gut lernen und mich selbst als Chorleiter immer weiterentwickeln, während ich gleichzeitig selbst im Göttinger Vokalensemble und in verschiedenen Ensembles sang. Zu meiner Entscheidung, die New Voices zu übernehmen: Siehe Antwort 6. 😉
- Wie bist du zu den NVs gekommen?
Zu den New Voices kam ich durch eine Anfrage des damaligen 1. Vorsitzenden, Lars Denecke. Ich denke, die Chemie zwischen uns hat von Anfang an gestimmt.
- Was gefällt dir an unserem Chor besonders gut?
Die Menschen bei den New Voices waren mir von Beginn an sehr sympathisch. Dieser Chor hat Durchhaltevermögen, auch wenn es mal schwere Zeiten gab und gibt. Der Zusammenhalt untereinander erscheint mir hier sehr groß, ohne erdrückend zu sein. Hier wird viel gelacht. Bei den Sängerinnen gibt es viel Potenzial, sich stimmlich weiterzuentwickeln. Die Sängerinnen und Sänger sind inzwischen alle mutig genug, in einer kleinen, geschützten Gruppe allein zu singen und sich auf ganz persönliche Stimmbildung einzulassen. Das ist natürlich ein Prozess, der sich erst entwickeln musste. Vertrauen ist hierbei das höchste Gut. Neue Sängerinnen und Sänger werden hierbei nicht ins kalte Wasser geworfen.
- Hast du eine Lieblingseinsingübung?
Nein, eine Lieblingseinsingübung gibt es für mich nicht. Alle Einsingübungen sind gleichwichtig. Das Einsingen dient dazu, unser Instrument, die Stimme, aufzuschließen und auf das Singen vorzubereiten. Hierzu ist eine Vielzahl von Körperübungen, Atemtechnik, der Lockerung des Zwerchfells, das „Aufwecken“ von Resonanzräumen im Körper, die Entwicklung eines möglichst großen Stimmumgangs und vieles mehr erforderlich. Singen ist ein komplexer physischer und psychischer Vorgang, der in einem Chor immer gut vorbereitet sein will. Hierfür muss Zeit eingeplant werden, sonst ist alles Nachfolgende sinnlos.
- Welches Musikstück aus unserem Repertoire gefällt dir persönlich am besten?
Am Besten gefallen mir die Chorsätze, die wir jeweils gerade proben. Und natürlich die Musikstücke, in denen ich, zusammen mit dem Chor, meine Vorstellungen, wie ein bestimmter Satz klingen soll, musikalisch besonders gut umsetzen kann. Mir ist es wichtig, dass sich alle Sängerinnen und Sänger bei der Liedauswahl beteiligen. So entstehen eine hohe Identität und entsprechende Motivation beim Proben der Stücke. Natürlich muss ich als Chorleiter darauf achten, dass die Wünsche tatsächlich umsetzbar ist und ein ganzheitliches Programmkonzept für ein Konzert daraus wird.
- Konzerte sind das Highlight in jedem Chor. Wenn du an unser letztes Konzert zurückdenkst: Wie hat es dir gefallen und wie hast du dich dabei gefühlt? Warst du aufgeregt?
An unsere letzten Konzerte denke ich inzwischen mit etwas Wehmut zurück, weil sie schon so lange zurückliegen. Ich denke, für die New Voices waren gerade die Konzerte in Göttingen und in Gerblingerode, ebenso aber unsere Weihnachtskonzerte sehr positive und anregende Erfahrungen. Ich war sehr stolz auf den Chor, dass wir bereits nach einer so kurzen gemeinsamen Probenzeit diese schönen Konzerte singen konnten. Alle waren bis in die Fußspitzen motiviert; es hat da ziemlich geknistert im Chor und das liebe ich. Ich selbst war ein klein wenig aufgeregt, da es ja unsere ersten größeren Auftritte waren, bei denen jede/r ganz genau hinhörte und hinschaute. Ich hoffe aber, dass ich mit meiner Chorleitererfahrung die notwendige Ruhe und Sicherheit im Chor ausgestrahlt habe.
- Momentan können wir leider coronabedingt keine Chorproben durchführen. Was machst du stattdessen als musikalischen Ausgleich?
Die Coronapandemie hat uns alle vor ganz neue, bisher unbekannte, Herausforderungen gestellt. Für meine Chöre hat sich jetzt vieles in die Virtualität verlagert. So lasse ich jede Sängerin und jeden Sänger Aufnahmen von bestimmten Musikstücken erstellen. Über einen Kopfhörer bekommen sie zur Unterstützung ihre eigene Singstimme mit einem Klavier vorgespielt. Alle Aufnahmen setze ich dann zuhause am Computer zu einem Chorgesang zusammen. Das ist ein recht hoher zeitlicher Aufwand, da aus vielen Stimmen ein einheitlich klingender Chor entstehen soll. Dazu sind viele kleine und kleinste Bearbeitungsschritte notwendig. Bei einigen Stücken entstehen zusätzlich Videos, die wir veröffentlichen. Leider sind Chorproben über das Internet derzeit noch nicht gut möglich, und wenn, dann mit sehr hohem technischem Aufwand und -Verständnis bei jeder Sängerin und bei jedem Sänger zuhause. Deshalb beschränke ich das Angebot derzeit auf Einzel – fern – unterricht über entsprechende Plattformen (Zoom oder Skype). Das funktioniert recht gut und hilft den Einzelnen sehr beim Einstudieren der Chorsätze zuhause.
Natürlich singe ich hier zuhause allein oder mit meiner Partnerin zusammen. Wir haben inzwischen ein kleines Album mit – oft mehrstimmigen – Stücken zusammengestellt. Die einzelnen Stimmen der Lieder aus völlig unterschiedlichen Genres nehmen wir nacheinander auf und schneiden die Einzelaufnahmen dann ebenfalls – als Duett oder als ein kleiner Chor – zusammen. Das macht uns großen Spaß.
- Was für ein Projekt würdest du gerne mal machen?
Nach einem Jahr in der Pandemie werde ich sehr bescheiden. Es wäre schön, überhaupt wieder gemeinsam singen zu können, das Projekt dazu ist dabei erst einmal nachrangig. Ich denke, mit einem Neustart müssen wir erst einmal schauen, wo wir stehen und wohin wir uns weiterentwickeln wollen. Natürlich wollen wir wieder größere Konzerte – gern mit anderen Chören, Orchestern oder Musikgruppen gemeinsam – veranstalten.
- Wie haben dir unsere bisherigen Projekte gefallen?
Vieles hierzu habe ich schon zu Frage 9 beantwortet. Wirklich ermutigend war es bei den bisherigen Projekten, dass alle mit großem Engagement und Leistungswillen dabei waren. Das bezieht sich sowohl auf die rein musikalische Leistung als auch auf die Vielzahl organisatorischer, technischer und logistischer Herausforderungen, die bei den Projekten zu bewältigen waren. Das haben die New Voices wirklich großartig gemacht.
- Du hast unsere Projekte alle musikalisch arrangiert und bearbeitet. Hast du diese Arbeit als persönliche Herausforderung empfunden? Hast du das vorher schon einmal gemacht?
Einen Chorsatz für den Chor zu arrangieren ist vor allem eine künstlerische Herausforderung. Es gilt hierbei, das vorhandene Werk so zu gestalten, dass der ursprüngliche musikalische Anspruch und die musikalische Aussage, die das Lied hat, unbedingt erhalten bleiben und gleichzeitig für den jeweiligen Chor mit seinem momentanen Leistungsstand gut zu singen ist. Das funktioniert natürlich nur über musikalische Kompromisse im Arrangement. Allerdings arrangiere ich einen bestimmten Chorsatz, der musikalischen sehr ambitioniert ist, dann bewusst nicht, wenn er durch ein Arrangement so dezimiert würde, dass er in seinem Anspruch kaum mehr zu erkennen wäre. Manchmal muss ich eben leider einmal Nein sagen.
Ich arrangiere Chorsätze schon seit vielen Jahren. Wie bei allen künstlerischen Arbeiten entwickelt man sich mit der Zeit selbst weiter. Übrigens kann man gerade in diesem Segment der Musikgestaltung vieles über Bücher lernen und dann zu zweit oder mit einer kleinen Gruppe ausprobieren.